Im Rahmen der ersten Sitzung des neugewählten Ortsbeirates Oberstadt am 15.08.19 wurde die scheidende Ortsvorsteherin Ursula Beyer vom Oberbürgermeister Michael Ebling verabschiedet und mit der Gutenberg-Statuette geehrt. Ursula Beyer war in zwei Kommunalwahlen 2009 und 2014 von den Bürgerinnen und Bürgern der Oberstadt zur Ortsvorsteherin direkt gewählt worden. Es handelt sich um ein Ehrenamt, also nebenher zum Berufsleben.
Bei der Wahl im Jahr 2019 war Frau Beyer nicht mehr zur Wahl angetreten. Ihre gewünschte Nachfolgerin Myriam Lauzi scheiterte in der Stichwahl am 16. Juni um 21 Stimmen gegen den Kontrahenten. Hier können Sie nun die persönlich gefärbte Abschiedsrede der Ortsvorstehrin Ursula Beyer nachlesen. Es ist ein Streifzug durch 10 Jahre Mainzer Oberstadt:
Es ist vollbracht.
Sehr geehrte Herren und Damen,
lieber Oberbürgermeister Michael Ebling,
herzlichen Dank für die Ehrung,
mit der Gutenberg-Statuette zu meiner 10 Jährigen Tätigkeit als ehrenamtliche Ortsvorsteherin.
Ich habe mich sehr gefreut und bin stolz darauf.
10 spannende Jahre, in denen sich viel verändert hat,
hier in der Oberstadt.
Begonnen hat meine Amtszeit, mit, wie es den Anschein hatte,
nicht enden wollenden Großbaustellen
Am Linsenberg und An der Philippsschanze.
Es denkt heute niemand mehr daran.
Parkplätze für die Bewohner fehlten überall, auch ohne Baustelle.
Wir haben mittlerweile 9 Bewohnerparkgebiete,
8 davon entstanden in meiner Amtszeit.
Dafür mussten wirklich sehr dicke Bretter gebohrt werden.
Ich bin stolz darauf, dass dies geglückt ist,
was ein Stück weit auch der Ampelkoalition des Stadtrates zu verdanken ist,
die das Thema Bewohnerparken seit 2009 wohlwollend mitgetragen hat.
Das ist ein Riesenerfolg, den die Bürger und Bürgerinnen auch zu schätzen wissen.
2011 dann ein Schreck: zusätzlicher Fluglärm,
von dem niemand so richtig wissen konnte, was das bedeutet.
Unzählige Emails und Telefonate wurden geführt.
Ich konnte mit all meinen Kontakten dazu beigetragen,
dass die Fluglärminitiative Mainz-Oberstadt entstehen konnte.
In Windeseile hatten sich wunderbare Menschen zusammengefunden,
allen voran Jochen Schraut, der bis heute die Fluglärminitiative leitet.
Eine weitere Initiative hat Freude gemacht, sie zu begleiten, auch wenn der Anlass ein trauriger war. Ich denke daran, als 2015 Flüchtlinge kommen sollten. Niemand verlässt freiwillig, einfach so, seine Heimat. Eine Unterkunft sollte in der Elly-Beinhorn-Straße errichtet werden.
Mit Kurt Merkator, unserem damaligen Sozialdezernenten, hatte ich dazu eine Bürgerversammlung abgehalten, die sehr positiv aufgenommen wurde, auch, wenn es natürlicherweise, ängstliche Stimmen gab.
Die Oberstädter Bürger*innen waren einfach toll.
Fast 200 Personen meldeten sich als Helfer*innen, an.
Die Ökumenische-Flüchtlingshilfe-Oberstadt hat sich unter dem Dach der Katholischen und evangelischen Kirchen eilends gegründet.
Eine Willkommenskultur erster Klasse hat in der Oberstadt geherrscht.
Bis heute muss ich sagen, obwohl uns unsere,
ans Herz gewachsenen Flüchtlinge, wieder entrissen wurden,
es noch immer das IBBO gibt, das Interkulturelle Bildungs- und Begegnungszentrum Oberstadt, welches in der St. Jakobus-Kirchengemeinde wertvolle Bildungsaufgaben übernommen hat.
Herzlichen Dank beiden Initiativen, wie sie unterschiedlicher nicht sein können.
Ja, was war noch?
Bauen, Oje,
was ist in den 10 Jahren alles gebaut worden. Die Oberstadt ist ja riesengroß.
Es wurde gebaut:
In der Unteren Zahlbacher Straße zum Beispiel:
Die ehemalige Gewürzmühle wurde in Wohnungen umgebaut.
Baulücken gefüllt.
Das Weifert-Janz-Haus wurde an anderer Stelle neu gebaut.
Am alten Platz entstanden neue Wohnhäuser.
Berliner Siedlung West, die Grundstücke auf dem die ehemaligen Schwesternhäusern standen, wurde nach langer Wartezeit (Seit 2006) und problematischem Abriss der Schwesternhäuser neu bebaut.
Die ehemalige Stadtgärtnerei wurde zum Teil bebaut.
Auf dem ehemaligen MAG-Gelände am Landwehrweg entstanden 28 Reihenhäuser.
Neubauten auf dem Universitätsgelände, der Universitätsklinik, dem Katholischen Klinikum, Schmerzklinik und der Ansiedlung von BionTech, einem großen Forschungsunternehmen.
Bebauungspläne konnte ich anregen.
Martin-Luther-Straße O63,
ganz wichtig, denn massive Verdichtung drohte.
Backhaushohl O67,
hier galt es, den Blick zu den Römersteinen nicht zu behindern.
und der Milchpfad O70, mit seinen kleinen Wohneinheiten, soll erhalten bleiben.
Die anderen Bebauungspläne konnte ich positiv begleiten,
wie zum Beispiel:
Berliner Siedlung West O61,
Weidmannstraße O53,
Untere Zahlbacher Straße O69,
Heilig-Kreuz-Areal auch wenn es zu Weisenau gehört,
der Rodelberg O65,
das Gelände des Hildegards-Krankenhauses,
obwohl es hier keinen Bebauungsplan gibt und trotzdem wird das Bauvorhaben
bestimmt sehr gut werden, hier wird auch ein Kindergarten entstehen.
Was mir besondere Freude bereitet hat,
ist die Weiterentwicklung der GFZ- Kaserne, dem
Städtebaulich-freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb.
Hier war ich aktiv und stimmberechtigt beim Auswahlverfahren, der künftigen Bebauung, beteiligt. Der Gipfel dabei war, als es um die Preisverteilung der Einzelnen Planungsentwürfe ging. Wer den ersten, zweiten, dritten usw. Preis erhalten sollte,
sollte ich als erste Person, unter all den Fachleuten, auswählen.
Hilfe, dachte ich! Das war so nicht abgesprochen, zumindest nicht mit mir.
Sie können mir glauben, das Herz ist mir in die Hose gerutscht.
Ich darf Ihnen sagen, es ist so gekommen, wie ich es ausgewählt hatte.
Alle Fachleute, waren nach Diskussionen hin oder her, der gleichen Auffassung.
Wir werden zukünftig ein schönes Wohngebiet an Stelle der GFZ-Kaserne bekommen, in dem auch bezahlbarer Wohnraum und Baugemeinschaften ihren Platz haben werden.
Was fehlt noch dazu? Die neue Ortsverwaltung, der Mittelpunkt unserer Oberstadt, auch die werden wir bekommen.
Das ist außer den vielen Bewohnerparkgebieten das schönste Projekt was ich begleiten durfte,
weil ich das Gefühl hatte, wirklich aktiv beteiligt zu sein und nicht nur beratend.
Natürlich hat es ganz viele, weitere Veränderungen gegeben.
Ich denke an die Schulen:
Das Oberstadt-Gymnasium entstand, dort aktuell der Bau der lang ersehnten Sporthalle.
Die IGS Anna-Seghers, hier Neubauten und Mensa mit Großküche. Die Sporthalle wird auch hier kommen.
Die Sporthalle am Gustav-Stresemann-Wirtschaftsgymnasium entstand, sowie deren Schulhof.
Abriss der Grundschule Berliner Siedlung.
Ansiedlung dessen und Neubau in der Ludwig-Schwamb-Schule.
Kindertagesstätten entstanden und entstehen neu.
Provisorien sind im Bau.
Weiter erwähnenswert sind:
Die wichtige Sanierung der Zitadellenmauer, des Drusussteines, der Römersteine, der Rosengarten.
Renaturierung und Neugestaltung des Zitadellengrabens.
Die Sanierung des Vogelhauses und der Bau des Flamingohauses mit Geldern von Spendern.
Nicht zu vergessen die aktuelle Sanierung der Wallanlagen.
Barrierefreie Aufzüge am Römischen Theater und
auf dem Universitätsgelände über die Saarstraße zum Stadtteil Hartenberg-Münchfeld.
Beides wartet auf Umsetzung.
Wir haben eine Erhaltungs-und Gestaltungssatzung in der der Friedrich-Ebert-Siedlung O71 S erhalten. Auch im Ketteler-Viertel wird es künftig eine Erhaltungs- und Gestaltungssatzung geben.
Der Sportplatz des Mainzer Turnvereins von 1817 hat einen neuen Belag bekommen.
Wir feierten 200 Jahre Mainzer Turnverein von 1817.
Wir feierten 50 Jahre Berliner-Siedlung.
Das schlimme dabei war, dass hierzu kein Geld bereit stand.
Ich musste dafür Sponsoren werben.
Da muss ich sagen, dieses Fest zu organisieren war schon eine Herausforderung, an der ich gefühlsmäßig an meine Grenze gestoßen bin.
Als Ortsvorsteherin ist man kein Profi,
man wächst, mit der Zeit, von Null an ins Amt, hinein.
Ein Pfarrer aus der Oberstadt hat mir am Anfang meiner Amtszeit gesagt:
Frau Beyer, Sie können nichts falsch machen, nur anders.
Diese Worte haben mich immer begleitet und gestärkt.
Jede Rede sollte auch ein Ende finden, obwohl es noch so vieles gäbe.
Dank an die Verwaltung unserer Stadt, mit all Ihren Fachleuten, an der Spitze unser Oberbürgermeister Michael Ebling.
Wir haben gut und wertschätzend zusammengearbeitet.
Ich konnte mich auf Ihre Fachkompetenz verlassen. Leider ist nicht alles umsetzbar, was man sich wünscht.
Es gibt viele Gesetze und Vorschriften zu beachten, die weder ich, noch die politischen Gremien kennen. Trotzdem verdienen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Verwaltung Wertschätzung und Anerkennung für ihre Arbeit.
Dank an die Mitarbeiterinnen der Ortsverwaltung, Frau Claudia Pipilescu und Frau Sigrid Langer.
Vielen Dank für Eure Unterstützung. Ihr habt es nicht leicht. 22 000 Bürger und Bürgerinnen wollen bedient werden. Die Ortsverwaltung ist viel zu klein.
Dank an Frau Blankenberger die die gesamte Zeit meines Ortsvorsteherinnendaseins meine Geschäftsführerin war und mir mit Rat und Tat zur Seite stand. Sie ist heute, aus organisatorischen Gründen, leider nicht da. Für Ihren baldigen Ruhestand alles Liebe.
Dank allen Bürgern und Bürgerinnen für Ihr Vertrauen, ohne Sie wäre ich nie Ortsvorsteherin geworden.
Großen Dank Ihnen dem Ortsbeirat für die gute Zusammenarbeit, über alle Parteigrenzen hinweg.
Dank meiner SPD, die mich immer unterstützt hat.
Dank meinem Arbeitgeber der SCHOTT AG, der mir Teilzeitarbeit und Altersteilzeit gewährte.
Dank meinem Ehemann, für seine tatkräftige Unterstützung.
Dank meinen beiden großartigen Kindern, die so manches Mal eine gestresste Mutter erlebten und fragten, warum tust du dir das an.
Und sorry, wenn ich auch mal genervt war und gegrummelt habe, egal wo, wann und bei wem.
Es war eine gute Zeit für die Oberstadt.
Es war mir eine Ehre!
Ihnen dem neu zusammengesetzten Ortsbeirat,
alles Gute.
Passen Sie gut auf unsere Oberstadt auf.
Wir wünschen Ursula Beyer alles Gute für den weiteren Lebensweg und danken Ihr für das ideenreiche, ergebnisorientierte, lebensnahe und empathische Engagement für unsere Oberstadt!